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„Da geht noch was!“ (Teil 2)
Je älter, desto unglücklicher ...?
Die vierte Dekade ist – statistisch gesehen – nicht die glücklichste Zeit im Leben. Doch die Chancen auf Glück in der zweiten Lebenshälfte stehen gut, sagt der Düsseldorfer Glücksforscher Viktor Vehreschild. Er hat wissenschaftlich untersucht, ob Menschen mit „Glücksübungen“ ihrem persönlichen Glück auf die Sprünge helfen können – und Übungen für ein glücklicheres Leben getestet.
Herr Vehreschild, sind junge Menschen glücklicher als ältere?
VV: Ja und nein. Tatsächlich sind Menschen um die 20 statistisch gesehen ganz oben auf der Zufriedenheitsskala. Da gibt es eine große „Vorfreude aufs Leben“.
Aber dann geht es erst einmal „bergab“ mit dem Glück: Zwischen 30 und 40, in der „Rushhour des Lebens“, stehen viele Entscheidungen und Bewährungsproben an. Partnersuche, Jobein- und -aufstieg oder berufliche Wechsel, ein neuer Wohnort – in dieser Dekade suchen Menschen oft noch ihren Platz in der Welt.
Familiengründung, vielleicht eine Trennung, Umzüge und Hausbau rauben Kräfte. Schnell wird klar: Es läuft nicht alles so, wie wir uns das in jungen Jahren vorgestellt haben.
Die 40er-Dekade ist statistisch gesehen nicht die beste Zeit im Leben eines Menschen. Für so manchen ist das ein Wendepunkt, da wird vieles infrage gestellt. Plötzlich taucht der Gedanke auf: „Vielleicht liegt schon mehr Leben hinter als vor mir.“
Sinkt die Chance auf Glück mit steigendem Alter?
VV: Zum Glück nicht! Die Glücksforschung hat herausgefunden, dass Menschen ab Ende 40 wieder glücklicher werden. Viele von ihnen haben gelernt, was Körper und Seele brauchen, um sich zu regenerieren und gesund zu bleiben. Sie haben Lebenserfahrung gesammelt und Sozialkompetenz aufgebaut. Jetzt besinnen sie sich auf das, was ihnen gut tut, auf die Familie und Freunde. Statistisch gesehen steigt das Glücksempfinden wieder an, sogar bis ins hohe Alter.
Ein neuer Job, ein neuer Partner… Kann ich durch solche radikalen Veränderungen im Leben meinem Glück auf die Sprünge helfen?
VV: Nein. Das sind alles äußere Umstände. Wir erinnern uns: Sie beeinflussen unser Glück zu lediglich 10 Prozent. Es wäre besser, stattdessen an der inneren Haltung und dem eigenen Verhalten dazu zu arbeiten. Darüber kann ich bis zu 40 Prozent meines Glücks beeinflussen.
Statistisch gesehen ist es sogar so: Wer seinen Beruf oder Partner wechselt, der fühlt sich nach drei Jahren wieder wie vorher. Dieser Mensch wird also langfristig durch diese Veränderungen nicht glücklicher oder unglücklicher als vorher. Auch das ist wissenschaftlich erwiesen.
Manisches Streben nach Glück
Gibt es so etwas wie eine „Überdosis Glück“?
VV: So ist es, zumindest in manchen Lebensbereichen. Auch bei unserer persönlichen „Glückskurve“ gibt es einen Punkt, an dem sie kippt.
Schauen wir uns zum Beispiel die Menschen an, die zu den glücklichsten 20 Prozent der Bevölkerung gehören: In Bezug auf ihre sozialen Beziehungen sind sie die erfolgreichsten. Im Job sieht es jedoch anders aus: Sie erreichen nicht das Einkommen, das etwas weniger glückliche Menschen erzielen, brechen häufiger ihre berufliche Ausbildung ab…
Heißt „mehr, besser, schöner“ denn nicht: glücklicher?
VV: Unsere Gesellschaft ist im (Selbst-) Optimierungswahn. Jeder von uns will immer besser werden – beruflich, privat, persönlich: ein toller Partner, Mitarbeiter, eine gute Ehefrau und Mutter, die beste Freundin, die perfekte Tochter…
Wir stehen im Leben wie an einem riesigen Buffet mit köstlichen Speisen, aber unsere Teller bleiben leer. Schließlich könnte ja auf dem nächsten Tisch etwas stehen, das noch leckerer ist – ein besserer Job, ein schönerer Wohnort, der tollere Partner. Dieses Gefühl kennen heute leider viele Menschen. Es hindert sie daran, mit allen Sinnen im Leben zu stehen, im Hier und Jetzt zuzugreifen und glücklich zu sein.
Glückes Schmied
Kann jeder Mensch sein persönliches Glück beeinflussen?
VV: In meiner wissenschaftlichen Glücksstudie1 habe ich zwei Übungen getestet. Meine Fragestellung war, vereinfacht gesagt: Können Menschen durch einfache, leicht in den Alltag zu integrierende Übungen ihr Glücksempfinden steigern ...? Die Antwort ist: Ja!
» Schon gelesen? Teil 1 von „Glück in der 2. Lebenshälfte: Da geht noch was!“
1 L. Manthey, V. Vehreschild & K.-H. Renner (2014): Effectiveness of two cognitive interventions promoting happiness with video-based online instructions. In: Journal of Happines Studies (Die wissenschaftliche Studie wurde mit 400 Probanden in 2013 im Rahmen eines Forschungsprojekts an der FernUniversität Hagen durchgeführt.)
Weitere Quellen und Literatur:
- Interview Viktor Vehreschild, Juli 2015.
- E. Diener, R. E. Lucas, Christie Napa Scollon: Beyond the hedonic treadmill. Revising the adaptation theory of well-Being. In: American Psychologist, May–June, 2006.
- Barbara Fredrickson: Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Campus Verlag, 2011.
- E. Hahn, W. Johnson & F. M. Spinath (2013): Beyond the heritability of life satisfaction: The roles of personality and twin-specific influences. Journal of Research in Personality, 47, 757–767.
- Sonja Lyubomirsky: Glücklich sein. Campus Verlag, 2008.
- S. Lyubomirsky & M. Della Porta: Boosting happiness, buttressing resilience: Results from cognitive and behavioral interventions. In: J. W. Reich, A. J. Zautra & J. Hall (Eds.): Handbook of adult resilience: Concepts, methods, and applications. New York: Guilford Press, 2010.
- Franziska Richter/Friedrich-Ebert-Stiftung: Dimensionen von Glück. Über die gesellschaftlichen Voraussetzungen für ein erfülltes Leben. In: KulturKontraste, Berlin, 2010.
- K.-H. Schulz, A. Meyer, N. Langguth: Körperliche Aktivität und psychische Gesundheit. (Ambulanzzentrum, Fachbereich Sport- und Bewegungsmedizin, Institut für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf). In: Bundesgesundheitsblatt, Springer-Verlag, 2012.
- Martin Seligman: Wie wir aufblühen. Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens. Goldmann, 2015.
- World Data Base of Happiness: http://worlddatabaseofhappiness.eur.nl, Erasmus University, Rotterdam („World Literature on subjective Wellbeing“ – Weltliteratur über das subjektive Wohlbefinden), Soziologe und Sozialpsychologe Ruut Venhoven forscht über die „sozialen Bedingungen menschlichen Glücks“.
Die Glücksstudie1: messbar glücklicher in acht Wochen
Über 400 Menschen nahmen an seiner Studie teil, die er zusammen mit der Fernuniversität Hagen durchführte. Jeweils eine Gruppe bekam eine Übung an die Hand, die ihre Teilnehmer in den folgenden acht Wochen regelmäßig machen mussten. Eine weitere Gruppe erhielt eine „Placebo“-Übung, die sich nachweislich nicht auf das Glücksempfinden auswirkte. Glücksübung 1 „Die Dankbarkeitsübung“„Schreiben Sie jede Woche fünf Dinge auf, für die Sie dankbar sind (keine Wiederholungen)!“ Glücksübung 2 „Dein bestmögliches Selbst“„Beschreiben Sie Ihr bestmögliches Selbst – in fünf Jahren!“ Bei dieser Glücksübung sollten sich die Studienteilnehmer jede Woche Zeit für Visionen zu einem der drei Lebensbereiche Familie/Soziale Beziehungen, Beruf oder Gesundheit nehmen. Die Leitfrage lautete: „Wo stehe ich in fünf Jahren in diesem Lebensbereich, wenn sich alles bestmöglich entwickelt?“ Jeder durfte seine persönlichen Antworten, Wünsche und Pläne aufschreiben, ohne Einschränkungen, Bedenken, Sorgen. Das ErgebnisDie Teilnehmer, die acht Wochen lang die Glücksübungen absolviert hatten, hatten messbar mehr positive und weniger negative Gefühle. Sie waren zum Studienende messbar zufriedener als vorher – auch im Vergleich zur „Placebo“-Gruppe ohne Glücksübung. |