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„Da geht noch was!“ (Teil 1)
Je jünger, desto glücklicher?
Berufliche und private Krisen, Krankheiten und Probleme in der Partnerschaft stürzen manchen ab 40 in seine persönliche „Midlife-Crisis“. Nimmt die Chance auf Glück mit dem Alter ab? Der Düsseldorfer „Glücksforscher“ Viktor Vehreschild, Diplom-Mathematiker und Psychologe (Master of Science) hat das Glück in seiner „Glücksstudie“1 (2013) untersucht und gibt spannende Antworten.

Herr Vehreschild, was tut ein Glücksforscher?
Viktor Vehreschild (VV): Da gibt es verschiedene Forschungsansätze: Wirtschaftswissenschaftler und Psychologen untersuchen das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Ökonomen betrachten das Glück „von oben“, also die gesellschaftlichen Zusammenhänge und fragen: Welche gesamtgesellschaftlichen Bedingungen machen Menschen zufriedener und damit motivierter und leistungsfähiger?
Die Psychologen schauen sich das Glück „von unten“ an und fragen: Was kann jeder Einzelne tun, damit es ihm besser geht? Woraus kann er schöpfen, um zufriedener zu werden?
„Geld macht nicht glücklich.“ Stimmt das?
VV: Das stimmt und auch wieder nicht. Der Mensch braucht eine materielle Basis, um glücklich zu sein.
Menschen, die um ihre materielle Existenz fürchten, hungern oder arbeitslos sind, sorgen sich und sind unglücklicher. Ist die Existenz materiell gesichert, dann nimmt der Einfluss von mehr Geld auf das Glücksempfinden immer weniger stark zu. Scheffeln wir weiter immer mehr Geld, dann nimmt das Glück irgendwann sogar wieder ab. Wann dieser Punkt erreicht ist, hängt aber von vielen Faktoren ab. Wie viel Geld haben die Menschen in meiner Umgebung im Vergleich zu mir zur Verfügung? Gelte ich eher als arm, reich oder geht es mir so wie den meisten Nachbarn, Einwohnern meiner Stadt, meines Landes?
Der Wohlstand eines Landes beeinflusst das Glücksempfinden seiner Bevölkerung. Aber: Menschen, die nach Reichtum streben, sind – statistisch gesehen – eher weniger glücklich als andere. Geld allein macht tatsächlich nicht glücklich. Während unser materieller Wohlstand stetig ansteigt, verharrt die allgemeine Lebenszufriedenheit weitestgehend auf dem gleichen Niveau.
Maßeinheit für Glück

Wie messen Wissenschaftler das Glück?
VV: Wir machen Glück messbar, indem wir es definieren: als ein hohes Maß an positiven Gefühlen, ein geringes Maß an negativen Gefühlen und eine hohe Lebenszufriedenheit.
Was macht uns glücklich?
VV: Glücksforscher konnten fünf Faktoren entdecken, die einen Einfluss darauf haben, wie glücklich ein Mensch ist.
Die 5 Glücksfaktoren
Faktor 1: die materiell gesicherte Existenz
Daneben gibt es vier weitere Bausteine.
Faktor 2: soziale Bindungen und intensive Beziehungen
Habe ich eine erfüllende Partnerschaft, eine Familie, auf die ich mich verlassen kann? Gibt es Menschen, die mich lieben und die ich liebe, einen stabilen Freundeskreis, der mir den Rücken stärkt und für mich da ist? Wer sozial gut eingebunden ist, ist glücklicher als einsame Menschen und erfährt den Sinn des Lebens auch durch seine Beziehungen.
Faktor 3: körperliche Bewegung
Sie war schon immer wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden. Heute gibt es einen starken Fitnesstrend in unserer Gesellschaft. Die persönliche Fitness ist ein wichtiger Glücksfaktor geworden. Sport und Bewegung verschaffen die Chance zur Entspannung und schenken Glücksmomente. Wer sich bewegt, baut Stress ab, fühlt sich gesund und stark. Wer dies gemeinsam mit anderen tut, beeinflusst gleich noch Faktor 2 positiv.
Faktor 4: geistige Fitness und Beweglichkeit
Wer lange jung im Kopf bleibt und sich immer wieder – auch im mittleren Alter oder als Senior – neuen geistigen Herausforderungen stellt, erfährt dadurch Glück. Eine neue Sportart, ein Ehrenamt, ein Studium im Alter – dies alles gibt das Gefühl: „Ich bin noch mittendrin, werde gebraucht und tue etwas Nützliches.“ Dieser Mensch fordert sich und erlebt: „Das kann ich auch noch (lernen)!“ Das schafft Erfolgs- und Glückserlebnisse.
Faktor 5: persönliche Erfüllung
Das ist die persönliche Antwort auf die Fragen nach dem Sinn des Lebens. Je sinnhafter und bedeutsamer einem Menschen sein Leben erscheint, desto glücklicher ist er. Ein tiefer Glaube kann das Leben bereichern, aber auch ein erfüllender Beruf oder ein Ehrenamt.
50 – 10 – 40: die persönliche Glücksformel
Mein Haus, mein Auto, meine Yacht: Wer oder was bestimmt, ob wir glücklich sind?
VV: Die schlechte Nachricht ist: Ob und wie glücklich wir werden, ist – statistisch gesehen – zur Hälfte vorbestimmt. Studien ergaben: Zu 30 bis 50 Prozent ist genetisch festgelegt, ob ein Mensch sich als glücklich empfindet.2
Ein großes Haus, ein toller Job, ein schickes Auto, ein netter Chef – welchen Anteil haben äußere Umstände wie Statussymbole, aber auch andere Menschen am eigenen Glück? Sie beeinflussen nur zu 10 Prozent unser Glücksgefühl.
Die gute Nachricht ist: Auf die verbleibenden 40 Prozent haben wir Einfluss durch die eigene Haltung zu dem, was ich erlebe, die Art, wie ich mein Leben gestalte, Entscheidungen fälle, auf die Welt blicke.
1 L. Manthey, V. Vehreschild & K.-H. Renner (2014): Effectiveness of two cognitive interventions promoting happiness with video-based online instructions. In: Journal of Happines Studies (Die wissenschaftliche Studie wurde mit 400 Probanden in 2013 im Rahmen eines Forschungsprojekts an der FernUniversität Hagen durchgeführt.)
2 Meike Bartels, Dorret I. Boomsma (2009): Born to be Happy? The Etiology of Subjective Well-Being. In: Bahaviour Genetics, 39, 605–615.
Weitere Quellen und Literatur:
- Interview Viktor Vehreschild, Juli 2015.
- E. Diener, R. E. Lucas, Christie Napa Scollon: Beyond the hedonic treadmill. Revising the adaptation theory of well-Being. In: American Psychologist, May–June 2006.
- Barbara Fredrickson: Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Campus Verlag, 2011.
- E. Hahn, W. Johnson & F. M. Spinath (2013). Beyond the heritability of life satisfaction: The roles of personality and twin-specific influences. Journal of Research in Personality, 47, 757-767.
- Sonja Lyubomirsky: Glücklich sein. Campus Verlag, 2008.
- S. Lyubomirsky, & M. Della Porta: Boosting happiness, buttressing resilience: Results from cognitive and behavioral interventions. In: J. W. Reich, A. J. Zautra, & J. Hall (Eds.), Handbook of adult resilience: Concepts, methods, and applications. New York: Guilford Press, 2010.
- Franziska Richter/Friedrich-Ebert-Stiftung: „Dimensionen von Glück. Über die gesellschaftlichen Voraussetzungen für ein erfülltes Leben“, in: KulturKontraste, Berlin, 2010.
- K.-H. Schulz, A. Meyer, N. Langguth: Körperliche Aktivität und psychische Gesundheit. (Ambulanzzentrum, Fachbereich Sport- und Bewegungsmedizin, Institut für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), in: Bundesgesundheitsblatt, Springer-Verlag, 2012.
- Martin Seligman: Wie wir aufblühen. Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens. Goldmann, 2015.
- World Data Base of Happiness: http://worlddatabaseofhappiness.eur.nl, Erasmus University, Rotterdam („World Literature on subjective Wellbeing“ _ Weltliteratur über das subjektive Wohlbefinden), Soziologe und Sozialpsychologe Ruut Venhoven forscht über die „sozialen Bedingungen menschlichen Glücks“